Transformierte Rückversicherung
Transformierte Rückversicherung wird im Englischen häufig „collateralized reinsurance“ genannt. Obwohl in den beiden Sprachen die Betonung einmal auf der Umwandlung in investierbare Instrumente und einmal auf der Tatsache der vollständigen Besicherung liegt, sind beide Ausdrücke synonym. Auch der Ausdruck „private Rückversicherungsverträge“, der den Gegensatz individuell verhandelter Kontrakte zu fertig strukturierten Cat Bonds verdeutlichen soll, beschreibt diese Art von Investitionen.
Um diese Instrumente besser zu verstehen, ist ein kurzer Blick auf den traditionellen Rückversicherungsmarkt hilfreich, also die Versicherung für die Versicherungsunternehmen selber. Ein Versicherungsunternehmen arbeitet mit dem Gesetz der Grossen Zahl: In einem Portfolio individueller, unabhängiger Risiken wird der Gesamtschaden nahe am erwarteten Mittelwert liegen. Das Gesamtrisiko kann somit auf eine grosse Anzahl einzelner Portfolioelemente verteilt werden, die jeweils nur für ihren Anteil am Ganzen zahlen müssen. Dieser Ansatz versagt allerdings dann, wenn ein einzelnes Ereignis zu einer grossen Korrelation zwischen den Portfoliokomponenten führt und viele Risiken gleichzeitig beeinflusst: Beispiele dafür sind Erdbeben oder Hurrikane.
Ein Rückversicherer hebt das Geschäftsmodell des Erstversicherers auf eine globale Stufe, indem er Risiken aus aller Welt von von verschiedener Art übernimmt und sein Portfolio daraus zusammensetzt.
Ein ILS Fund verhält sich ökonomisch ähnlich wie ein Rückversicherer: Er stellt ein Portfolio aus globalen Risiken zusammen und verdient an den Risikoprämien, die für die Übernahme dieser Risiken bezahlt werden. Dies kann ein Fonds durch Investitionen in Cat Bonds erzielen. Allerdings kann die Menge der Anlagemöglichkeiten vergrössert werden, wenn auch transformierte Rückversicherungsverträge in den Mix mit aufgenommen werden. Um einem Versicherten Deckung dieser Art zur Verfügung zu stellen, muss der Fonds den Vertrag mit Sicherheiten, dem Kollateral-Kapital, unterlegen, im Gegensatz zu einem traditionellen Rückversicherer, der Verträge auf der Basis seines Ratings anbieten kann. Der Abschluss eines Vertrages kann allerdings nicht direkt erfolgen, da ein Anlagefonds nicht als Rückversicherungsunternehmen lizenziert ist. Stattdessen muss ein solcher lizenzierter Rückversicherer den Vertrag ausstellen und das Risiko dem Fonds in einem Anlageprodukt weiterreichen, das i) die Einzahlung des Kollateral und ii) die Rückzahlung von Kollateral und Risikoprämie am Laufzeitende ermöglicht.
Verschiedene Kontraktarten stehen zur Verfügung. Bei einem sogenannten ‚Ultimate Net Loss‘ Vertrag wird dem Versicherten der individuell eingetretene Schaden gemäss den Vertragsbedingungen erstattet. Das Analysieren und die Preisstellung solcher Verträge setzt vertiefte Kenntnisse der rückversicherungsrelevanten Prozesse der aktuariellen Analyse und des Underwritings voraus. Eine weitere Anlagemöglichkeit sind sogenannte ‚ILW‘ - Industry Loss Warranties, die dann zur Auszahlung kommen, wenn nach einem Ereignis die Schadenlast für die gesamte Versicherungsindustrie einen vertraglich definierten Schwellenwert überschreitet. Der Vorteil von ILW für den Investor besteht darin, dass die Eigenarten des Portfolios des Rückversicherten keinen Einfluss auf den Vertrag haben. Damit werden die Analyse und das Pricing deutlich vereinfacht, und im Schadenfall steht das Ergebnis schneller fest. Aus der Perspektive des Rückversicherten existiert allerdings ein Basisrisiko zum eigentlichen Portfolio, wohingegen ein UNL Vertrag einen perfekten Hedge darstellt. Daher ist für ihn ein UNL Vertrag wertvoller und bezahlt, auf risikoadjustierter Basis, somit auch für den Investor deutlich besser.